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“Costa Concordia” in 20-stündigem Kraftakt aufgerichtet

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Insel Giglio (AFP). Die wohl heikelste Etappe der “Costa Concordia”-Bergung ist geschafft: In einem beispiellosen Kraftakt ist das Wrack des Kreuzfahrtschiffs aus seinem Meeresgrab gehoben und aufgerichtet worden. Die Einsatzleiter erklärten das spektakuläre Bergungsmanöver nach 20 Stunden für erfolgreich beendet. Eigens angereiste Überlebende der Schiffstragödie vom 13. Januar 2012 Jahr reagierten tief bewegt auf den Anblick des auferstandenen Unglücksschiffs.

In seine aufrechte Position gezogen wurde das Wrack zwischen zwei Schlechtwetterphasen mithilfe von 36 massiven Stahlseilen. Das 290 Meter lange Schiff lag seit mehr als 20 Monaten vor der Toskanainsel Giglio im Mittelmeer.

Nie zuvor wurde ein so großes Passagierschiff geborgen. Rund 500 Hilfskräfte aus 26 Ländern waren an dem Manöver beteiligt, dessen Kosten sich schon jetzt auf 600 Millionen Euro belaufen und Versicherungsepxerten zufolge am Ende die Milliardenmarke überschreiten könnten.

Mit 4229 Menschen an Bord war die “Costa Concordia” bei einem riskanten Manöver auf einen Felsen aufgefahren und anschließend gekentert. Bei dem Unglück starben 32 Menschen, darunter zwölf Deutsche. Nach der Havarie wurden ein Reedereivertreter und vier Besatzungsmitglieder unter anderem wegen fahrlässiger Tötung zu Haftstrafen zwischen 18 und 34 Monaten verurteilt. Das Verfahren gegen Kapitän Francesco Schettino läuft noch.

Bei der Bergung wurde das Schiff auf eine Unterwasserstahlplattform mit Zementsäcken gezogen, der Meeresgrund unter dem Wrack hierfür mit 1200 Zementsäcken stabilisiert. Als der Abschluss des Manövers mit Schiffssirenen signalisiert wurde, atmete Einsatzleiter Nick Sloane auf. “Es war ein wenig wie Achterbahnfahren”, beschrieb der Südafrikaner seine Gefühlslage im schwimmenden Kommandozentrum.

Mit Tränen in den Augen dankte Sloane dem Expertenteam unter seiner Ägide und verriet, dass für den Fall eines Fehlschlags “kein Alternativplan” bereitgestanden habe. Die Reputation der gesamten Ingenieursmannschaft habe auf dem Spiel gestanden, doch das Ergebnis sei fantastisch. Auch unter den Schaulustigen im Hafen von Giglio brandete am Morgen spontaner Beifall auf.

Nach ihrer Aufrichtung tauchte auch erstmals seit dem Unglück die lange verborgene Steuerbordseite der “Costa Concordia” aus dem Wasser auf: Während die Backbordflanke relativ unversehrt blieb, waren steuerbords massive Schäden und hunderte zerquetschte Balkone zu erkennen. Aggressives Salzwasser hat den Lack großflächig angenagt und das Wrack zur Hälfte rostbraun gefärbt.

“Es wieder auferstehen zu sehen, ist ziemlich emotional für mich”, sagte Luciano Castro, ein Überlebender des Schiffsunglücks, der eigens zur Bergung des Wracks angereist war. Der Anblick sei gespenstisch, bestätigten andere Überlebende, fast wie in jener Unglücksnacht im Januar 2012. “Dieses Schiff hätte mein Ende sein können”, erinnerte sich Castro.

Der Schiffsrumpf soll nun teilweise repariert und mithilfe mehrerer Stahlcontainer als Auftriebskörper zum Abschleppen im Frühjahr vorbereitet werden. Danach wird das Wrack verschrottet, möglicherweise im nahegelegenen Hafen von Piombino, vielleicht auch in Neapel oder Palermo.

Doch bevor es dazu kommt, müssen nach einigen Sicherheitschecks noch die Schiffsflure durchkämmt werden, in denen die Leichen von zwei vermissten Passagieren vermutet werden. Elio Vincenzi hofft “immer noch darauf, meine Ehefrau zu finden”. Der Italiener will einerseits Gewissheit über ihr Schicksal erlangen, doch anderseits “ist diese Phase für mich und meine Tochter sehr belastend”. Neben Vincenzis Frau wird auch ein indischer Kellner weiterhin vermisst. Die Zivilschutzbehörden wollen “spätestens in den nächsten Tagen” mit der Suche beginnen.


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